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Geschäftsbericht 2013 für die Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg
Datum: 21.02.2014
1. Geschäftsbelastung und Sparpläne der Landesregierung
2. Das neue Güterichterverfahren in der Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg
3. Startschuss für den elektronischen Rechtsverkehr
4. Wichtige Verfahren aus dem Jahr 2013: Werkverträge, Arbeitnehmerüberlassung und Befristungsrecht
5. Verfahren im Jahr 2014: Vergütung der Betriebsräte, Amtsenthebung von Betriebsräten und Kündigungen wegen Unregelmäßigkeiten bei Waffenexporten
1. Geschäftsbelastung und Sparpläne der
Landesregierung
Die anhaltend gute Konjunktur hat bei den
Arbeitsgerichten erster Instanz im Jahr 2013 erneut zu moderaten
Verfahrenseingängen geführt. So belief sich die Zahl der
Eingänge am Ende des Jahres 2013 auf 44.929
Verfahren. Im Vorjahr waren es 45.645 Verfahren. Die Zahl der am
Jahresende 2013 unerledigten Verfahren konnte etwas verringert
werden. Sie betrug nur noch 12.050 Verfahren
(Vorjahr: 12.279 Verfahren). Die durchschnittliche Verfahrensdauer
bei den Arbeitsgerichten erster Instanz war mit
2,8 Monaten erneut erfreulich kurz.
Die einvernehmliche Streitbeilegung hat in der
Arbeitsgerichtsbarkeit nach wie vor eine hohe Bedeutung. Die Zahl
der Verfahren, die durch gerichtlichen Vergleich beigelegt werden
konnten, ist im Verlauf der letzten 10 Jahre ständig
angestiegen. So betrug die Vergleichsquote im Jahr 2003 noch 56 %.
Im Jahr 2013 erreichte sie 70,9 % in den sog.
Urteilsverfahren. Diese hohe Vergleichsquote könnte der Grund
sein, weshalb die Eingänge in der zweiten Instanz derzeit eine
sinkende Tendenz haben. So belief sich Ende des Jahres 2013 die
Zahl der Eingänge beim Landesarbeitsgericht auf
2.262 Verfahren. Im Vorjahr waren es noch
3.427 Verfahren. Bei dem Vergleich der beiden
Jahre ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Statistik
des Jahres 2012 durch ein Massenverfahren, das allein 877
Rechtsstreitigkeiten umfasste, verzerrt ist.
Aufgrund der stagnierenden Verfahrenseingänge passt die
Arbeitsgerichtsbarkeit das Personal dem Geschäftsanfall an.
Auf der Grundlage des in der Justiz geltenden
Personalbedarfsbemessungssystems PEBB§Y-Fach entspricht der
Deckungsgrad bei den Richtern der 1. Instanz exakt den Vorgaben. Im
Unterstützungsbereich setzt die Arbeitsgerichtsbarkeit ein vom
Landtag im Jahr 2011 beschlossenes Stellenabbauprogramm um, das
einen Abbau von 32 Stellen im Unterstützungsbereich (bei im
Jahr 2011 nur 145 Stellen für Arbeitnehmer und 25 Stellen
für Beamte des mittleren Dienstes) bedeutet. Dieses Programm
stellt die Arbeitsgerichte vor erhebliche Herausforderungen.
Die moderate Geschäftsbelastung bei den Arbeitsgerichten darf
nicht darüber hinwegtäuschen, dass jede Eintrübung
der Konjunktur unverzüglich einen Verfahrensanstieg zur Folge
haben wird. Die Sparpläne der Landesregierung sieht die
Arbeitsgerichtsbarkeit daher mit großer Sorge. Nach den
verbindlichen Orientierungsplänen der
Landesregierung sollen in der Justiz im Jahr 2015 knapp 15
Mio. und im Jahr 2016 knapp 24,5 Mio. Euro eingespart werden. Da
der größte Teil der Sachausgaben von der Justiz nicht
beeinflusst werden kann (insbesondere die Ausgaben für Zeugen
und Sachverständige, ehrenamtliche Richter und
Vergütungen für die beigeordneten Rechtsanwälte),
können Einsparungen nur über die Personalausgaben bewirkt
werden. Aus der hochbelasteten Strafjustiz lässt sich kein
Personal abziehen. Die Sparpläne werden daher die anderen
Bereiche der Justiz um so stärker treffen. Als kleine
Gerichtsbarkeit mit knapp 400 Beschäftigten kann die
Arbeitsgerichtsbarkeit nennenswerte Einsparauflagen nicht
verkraften.
Es ist zu befürchten, dass es bei einer Umsetzung der
Sparpläne zu längeren Verfahrenslaufzeiten in der
Arbeitsgerichtsbarkeit kommen wird. Gerade im Arbeitsrecht sind
jedoch kurze Verfahrenslaufzeiten unabdingbar. Im Falle einer
Kündigung müssen die klagenden Arbeitnehmer
möglichst schnell wissen, ob ihr Arbeitsplatz erhalten bleibt
oder ob sie zumindest eine Entschädigung in Form einer
Abfindung erhalten. Für die beklagten Arbeitgeber ist von
entscheidendem Interesse, ob und in welchem Umfang sie bei einem
Prozessverlust Arbeitsentgelt nachzahlen müssen. Hohe
Entgeltnachzahlungen können gerade für kleine und
mittlere Betriebe existenzgefährdend sein. Eine
funktionsfähige Arbeitsrechtspflege liegt daher im Interesse
des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg.
2. Das neue Güterichterverfahren in der
Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg
Als erste Gerichtsbarkeit im Land Baden-Württemberg
hat die Arbeitsgerichtsbarkeit das sogenannte
Güterichterverfahren bei allen
Arbeitsgerichten eingeführt. Sie betritt damit in
Baden-Württemberg Neuland bei der einvernehmlichen
Konfliktbeilegung.
Mit dem Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer
Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vom
21.07.2012 hat der Gesetzgeber neue Wege bei der Beilegung von
Rechtskonflikten eingeschlagen. Er hat einerseits die
außergerichtliche Mediation auf eine gesetzliche Grundlage
gestellt. Andererseits hat er mit dem Güterichterverfahren den
Gerichten eine neue Möglichkeit zur Beilegung von bei Gericht
bereits anhängigen Konflikten an die Hand gegeben. Danach kann
der Vorsitzende die Parteien für die Güteverhandlung
sowie deren Fortsetzung vor einen hierfür bestimmten und nicht
entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der
Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung
einschließlich der Mediation einsetzen.
Schon bisher war der Arbeitsgerichtsprozess auf eine
einvernehmliche Streitbeilegung ausgerichtet. Das Gericht hat in
jeder Lage des Verfahrens eine gütliche Erledigung des
Rechtsstreits anzustreben. In der Praxis werden rund 70 % der
arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten durch Vergleich erledigt.
Es gibt allerdings Rechtsstreitigkeiten, die in der relativ knapp
bemessenen Zeit einer Güte- und Kammerverhandlung nicht
ausreichend erörtert werden können. Hierzu gehören
etwa Verfahren, die durch eine Störung der Kommunikation
zwischen den Parteien oder durch eine Vielzahl von Streitpunkten
gekennzeichnet sind. Für derartige Streitigkeiten kann das
Güterichterverfahren neue Perspektiven eröffnen.
Was ist das Güterichterverfahren? Die Besonderheit dieses
Verfahrens besteht darin, dass die Güteverhandlung nicht vor
dem entscheidungsbefugten Richter, sondern vor einem besonderen
Richter, dem Güterichter, stattfindet. Die Verweisung an den
Güterichter findet nur dann statt, wenn die am Rechtsstreit
Beteiligten damit einverstanden sind. Die Einschaltung eines nicht
entscheidungsbefugten Richters eröffnet neue
Möglichkeiten zur einvernehmlichen Streitbeilegung. Der
Güterichter kann etwa die Methoden der
Mediation einsetzen, z.B. auch getrennte Verhandlungen mit
den Parteien führen. Vor allem bei verhärteten Fronten
kann die sogenannte Pendeldiplomatie zu einer Lösung des
Konflikts beitragen. Der Güterichter kann auch weitere
Personen mit deren Einverständnis in die Verhandlung
einbeziehen, falls dies für eine Konfliktlösung hilfreich
ist.
Die Verhandlung vor dem Güterichter findet nicht in der
förmlichen Atmosphäre eines Gerichtssaals statt. Anders
als beim streitigen Prozess ist die Verhandlung nicht
öffentlich. Der Güterichter ist vielmehr zur
Verschwiegenheit auch gegenüber dem entscheidungsbefugten
Richter verpflichtet. Die Parteien können darüber hinaus
eine Vertraulichkeitsabrede treffen.
Das Güterichterverfahren wird aller Voraussicht nach keine
Massenerscheinung werden. Es stellt aber ein
zusätzliches Angebot der
Arbeitsgerichtsbarkeit für Verfahren dar, die bisher mit den
Mitteln des Prozessrechts nicht optimal abgewickelt werden konnten.
Die Arbeitsgerichtsbarkeit bietet das neue Verfahren in den
sogenannten Güterichterzentren der Arbeitsgerichte Freiburg,
Karlsruhe, Mannheim, Stuttgart und Ulm sowie beim
Landesarbeitsgericht an. Rechtsstreitigkeiten aus den übrigen
Arbeitsgerichtsbezirken können an eines der
Güterichterzentren verwiesen werden.
3. Startschuss für den elektronischem
Rechtsverkehr
Durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen
Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 hat die
Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der
elektronischen Aktenbearbeitung in der Justiz einen neuen wichtigen
Impuls erhalten. Das Justizministerium hat Anfang des Jahres 2014
den Startschuss für die Einführung des elektronischen
Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte in der
baden-württembergischen Justiz gegeben. Da der elektronische
Rechtsverkehr sinnvoll nur im Zusammenspiel mit einer
elektronischen Gerichtsakte möglich ist, soll so schnell wie
möglich eine pilotierungsfähige Version der
elektronischen Akte erstellt werden.
Erfreulicherweise ist die Arbeitsgerichtsbarkeit an der ersten
Projektphase, der Erstellung eines Lastenhefts für eine
elektronische Akte im Zivil- und Arbeitsgerichtsprozess erster
Instanz beteiligt. Hierdurch ist die Arbeitsgerichtsbarkeit in der
Lage, frühzeitig an einem Projekt mitzuwirken, an dessen Ende
eine grundlegende Umgestaltung der Arbeitsabläufe in der
Justiz stehen wird.
4. Wichtige Verfahren aus dem Jahr 2013:
Werkverträge, Arbeitnehmerüberlassung und
Befristungsrecht
a) Werkverträge
Am 1. August 2013 hat das LAG Baden-Württemberg
(Az.: 2 Sa 6/13) ein Urteil verkündet, das in der
Öffentlichkeit eine große Resonanz gefunden hat. In dem
Verfahren klagten zwei Beschäftigte von Drittunternehmen auf
die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses mit der Firma
Daimler AG. Diese Kläger waren von einem Dienstleister
für Informationstechnologie im Rahmen eines Werkvertrages
jahrelang ausschließlich bei der Firma Daimler AG eingesetzt
worden. Das Landesarbeitsgericht gelangte zu der Überzeugung,
dass der Fremdpersonaleinsatz der beiden Kläger nicht im
Rahmen eines Werkvertrages erfolgte, sondern im Wege der
unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung (so genannter
Scheinwerk-/Scheindienstvertrag). Deshalb sei zwischen den
Klägern und der Daimler AG ein Arbeitsverhältnis zu
Stande gekommen. Nach diesem Urteil kommt es bei der rechtlichen
Unterscheidung zwischen Werk-/Dienstvertrag und
Arbeitnehmerüberlassung vor allem darauf an, ob die
Arbeitnehmer in den Betrieb des Dritten (hier: Daimler)
eingegliedert gewesen sind und vom Dritten arbeitsvertragliche
Weisungen erhalten haben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die
Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt.
Die Koalitionsparteien des Bundes haben sich mittlerweile darauf
verständigt, rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei
Werkverträgen zu unterbinden. Sie wollen hierzu die
Prüftätigkeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit
effektiver gestalten, die Unterrichtungsrechte des Betriebsrats
konkretisieren und die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung
sanktionieren.
b) Arbeitnehmerüberlassung
In gleich mehreren Entscheidungen hat sich das
Landesarbeitsgericht mit dem sehr umstrittenen Thema
„Arbeitnehmerüberlassung“ befasst. In der Sache ging
es um die Frage, was unter der gesetzlichen Neuregelung zu
verstehen ist, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an die
Entleiher vorübergehend erfolgt. Diese Frage
war für die Praxis von herausragender Bedeutung, weil es sich
in den letzten Jahren eingebürgert hatte, Leiharbeitnehmer
teilweise über Jahre hinweg zu beschäftigen. Mit Urteilen
vom 22.11.2012 (11 Sa 84/12) und vom 17.04.2013 (4 TaBV 7/12) hat
das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden, dass
eine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung sowohl gegen das
Unionsrecht als auch gegen das nationale Recht verstoße. Der
Gesetzgeber habe verhindern wollen, dass ein dauerhafter
Beschäftigungsbedarf mit Leiharbeitnehmern gedeckt werde. Mit
dieser Rechtsauffassung wich das Landesarbeitsgericht
Baden-Württemberg ausdrücklich von der Rechtsprechung
anderer Landesarbeitsgerichte ab, die die Formulierung
„vorübergehend“ lediglich als unverbindlichen
Programmsatz betrachtet hatten.
Mittlerweile haben sich die Koalitionsparteien des Bundes auf eine
Präzisierung des Gesetzes geeinigt. Sie wollen die
Höchstüberlassungsdauer für Leiharbeitnehmer auf 18
Monate gesetzlich festlegen. Erfreulicherweise hat der Gesetzgeber
in diesem Punkt einen Handlungsbedarf gesehen.
c) Befristungsrecht
Nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist eine sogenannte
sachgrundlose Befristung bis zur Dauer von zwei
Jahren grundsätzlich zulässig. Dies gilt aber nicht, wenn
mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis
bestand. Vielfach wurde kritisiert, dass dieses zeitlich
unbegrenzte Vorbeschäftigungsverbot über die Zielsetzung,
Kettenbefristungen zu verhindern, hinausschießt. Obwohl eine
Begrenzung dieses Vorbeschäftigungsverbots in die
Koalitionsvereinbarung 2009 aufgenommen wurde, handelte der
Gesetzgeber aber nicht. Daraufhin entschied das
Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 6. April 2011 (7 AZR 716/09),
dass das Vorbeschäftigungsverbot nicht mehr gelte, wenn das
vorangegangene Arbeitsverhältnis mehr als
drei Jahre zurückliege. Dieses Urteil wurde
vielfach mit der Begründung kritisiert, das
Bundesarbeitsgericht habe sich die Rolle des
„Ersatzgesetzgebers“ angemaßt. Mit Urteil vom 26.
September 2013 (6 Sa 28/13) ist das Landesarbeitsgericht
Baden-Württemberg diesen Kritikern gefolgt. Es hat die
Auffassung vertreten, eine zeitliche Begrenzung des
Vorbeschäftigungsverbots auf drei Jahre lasse sich dem Gesetz
nicht entnehmen.
Im Befristungsrecht lässt der Gesetzgeber die
arbeitsrechtliche Praxis weiterhin allein. Die Koalitionsparteien
des Bundes haben die Frage leider nicht auf ihre Agenda gesetzt.
Die Folge ist, dass die Praxis erneut mit einer erheblichen
Rechtsunsicherheit leben muss.
5. Verfahren im Jahr 2014: Vergütung der
Betriebsräte, Amtsenthebung von Betriebsräten und
Kündigungen wegen Unregelmäßigkeiten bei
Waffenexporten
a) Bemessung des Arbeitsentgelts von
Betriebsräten der Fa. Daimler AG im Werk
Stuttgart-Untertürkheim, Beschluss vom 13. Februar 2014 (3
TaBV 7/13)
Im Werk Stuttgart-Untertürkheim der Daimler AG ist
ein 43-köpfiger Betriebsrat gebildet, dessen Mitglieder ganz
überwiegend zumindest faktisch von der Arbeitsleistung
für ihre Betriebsratstätigkeit freigestellt sind. Sechs
Betriebsratsmitglieder haben in einem arbeitsgerichtlichen
Beschlussverfahren geltend gemacht, dass die Arbeitsentgelte der
Betriebsratsmitglieder, die auf der Liste der IG Metall
(Mehrheitsfraktion) in den Betriebsrat gewählt wurden,
höher ausfielen als bei ihnen und bei vergleichbaren
Arbeitnehmern im Betrieb, was gegen das Ehrenamtsprinzip des
Betriebsverfassungsgesetzes verstoße. Die Daimler AG und das
Betriebsratsgremium sind den Anträgen entgegengetreten. Das
Arbeitsgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 25. Oktober 2013 die
Anträge als teilweise unzulässig und im Übrigen
unbegründet zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 13. Februar 2014 (3 TaBV 7/13) hat das
Landesarbeitsgericht die Beschwerde der Antragsteller
zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zum
Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen. Nach Auffassung des
Landesarbeitsgerichts haben die Antragsteller die erforderliche
Antragsbefugnis nicht darlegen können, weil sie durch die
behauptete Begünstigung anderer Betriebsratsmitglieder nicht
in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung betroffen
sind.
b) Auflösung des Betriebsrats bei der Firma
Kärcher
Bei der Fa. Kärcher GmbH & Co.
KG in Winnenden ist die IG Metall mit zwei Mitgliedern im
17-köpfigen Betriebsrat vertreten. Mit ihrem im Januar 2013
beim Arbeitsgericht Stuttgart eingereichten Antrag begehrt die
Gewerkschaft die Auflösung des Betriebsrats, hilfsweise den
Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Gremium. Sie ist
der Auffassung, dass der Betriebsrat seine gesetzlichen Pflichten
grob verletzt habe, indem er in den Jahren 2011 und 2012 keine dem
Gesetz entsprechenden Betriebsversammlungen und
Abteilungsversammlungen durchgeführt habe. Der Betriebsrat hat
auf seine jahrzehntelang praktizierte Handhabung verwiesen. Er hat
vorgebracht, die Mitarbeiter würden regelmäßig, auch
in Abteilungsversammlungen, umfassend informiert. Anlässlich
der Jahresfeier 2012 habe eine Betriebsversammlung
stattgefunden.
Das Arbeitsgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 24.07.2013 (Az.
22 BV 13/13) den Betriebsrat aufgelöst, weil der Betriebsrat
gesetzliche Pflichten grob verletzt habe. Gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts haben der Betriebsrat und die Firma Kärcher
Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
eingelegt.
Verhandlungstermin Donnerstag, 13. März 2014, 14:00 Uhr Saal
2 (6 TaBV 5/13)
c) Kündigungen bei der Fa. Heckler
& Koch
Das Arbeitsgericht Freiburg (Kammern
Villingen-Schwenningen) hat in zwei Kündigungsschutzverfahren
mit der Firma Heckler & Koch GmbH in
Oberndorf mit Urteil vom 15.01.2014 den Klagen der Arbeitnehmer
stattgegeben (12 Ca 154/13 und 12 Ca 155/13). Die Parteien streiten
über die Wirksamkeit von außerordentlichen, fristlosen
und hilfsweisen ordentlichen Kündigungen und über die
vorläufige Weiterbeschäftigung während des
Rechtsstreits. Die beiden Kläger sind langjährige
Beschäftigte und arbeiteten zuletzt als
Vertriebsbereichsleiter bzw. Vertriebssachbearbeiterin.
Die Arbeitgeberin stützt die ausgesprochenen Kündigungen
auf verhaltensbedingte Gründe. Sie trägt vor, die beiden
Arbeitnehmer hätten zusammen mit einem Handelsvertreter in
Mexiko einen unrichtigen Bestimmungsort ausweisende Unterlagen der
mexikanischen Behörden für auszuführende Waffen
beschafft. Diese sog. „Endverbleibserklärungen“
dienten als Grundlage der Genehmigung für Waffenexporte.
Jedenfalls bestehe der erhebliche Verdacht der Pflichtverletzung.
Die Kläger haben die Vorwürfe bestritten. Nach dem Urteil
des Arbeitsgerichts Freiburg sind die ausgesprochenen
Kündigungen unwirksam. Ein Kündigungsgrund liege nicht
vor. Vor Ausspruch einer sog. Verdachtskündigung müsse
der Arbeitgeber den Sachverhalt aufklären und den Arbeitnehmer
zu den ermittelten Vorwürfen anhören. Sowohl die
Aufklärung des Sachverhalts als auch die Anhörung der
Arbeitnehmer seien nicht hinreichend. Der Kündigungsgrund der
begangenen Pflichtverletzung scheitere schon am Fehlen einer
erforderlichen Abmahnung. Im konkreten Einzelfall wäre
angesichts der geübten Praxis und deren Kenntnis seitens der
vorgesetzten Mitarbeiter und der Geschäftsführung vor
Ausspruch einer Kündigung jedenfalls eine Abmahnung
erforderlich gewesen.
Gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Freiburg hat die Beklagte
Berufungen bei den Außenkammern des Landesarbeitsgericht in
Freiburg eingelegt (9 Sa 2/14 und 9 Sa 3/14). Ein
Verhandlungstermin wird voraussichtlich Mitte April 2014 bestimmt
werden.
Dr. Eberhard Natter
Präsident des Landesarbeitsgerichts