Pressemitteilung vom 23.07.2009 des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg Prof. Dr. Johannes Peter Francken

Datum: 23.07.2009

Kurzbeschreibung: 

Pressemitteilung vom 23.07.2009
des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg
Prof. Dr. Johannes Peter Francken


Klageflut bei den neun Arbeitsgerichten in Baden-Württemberg. Es werden 20 zusätzliche Richterstellen benötigt. Stattdessen will das Finanzministerium Richterstellen einsparen.


Die Verfahrenseingänge sind bei den neun baden-württembergischen Arbeitsgerichten in den ersten sechs Monaten des Jahres 2009 gegenüber den ersten sechs Monaten des Jahres 2008 um über 30 % angestiegen. Im Jahr 2008 gingen von Januar bis Juni 23.518 Verfahren in erster Instanz ein. Im Jahr 2009 waren es in diesem Vergleichszeitraum 30.625 Verfahren. Bei einem Auslaufen der Kurzarbeit und der Beschäftigungsbündnisse ist mit einer nochmaligen Erhöhung der Eingänge in 2009 und 2010 zu rechnen. Nach einer aktuellen Umfrage des IFO-Instituts (Wirtschaftswoche Nr. 30, S. 19) plant jedes vierte Unternehmen in den nächsten sechs Monaten einen Stellenabbau. Das sich aus dem beigefügten Schaubild (Anlage 1) ergebende „7-Jahres-Hoch“ (1996/2003) wird wieder 2010 eintreten.

Trotz dieser dramatischen Entwicklung beabsichtigt das Finanzministerium im Rahmen der Haushaltsberatungen 2010/2011, von den insgesamt 90 Richterstellen in der ersten Instanz 8 kw (künftig wegfallend) Stellen nicht zu verlängern. Damit würden nur noch 82 Richterstellen zur Verfügung stehen.

Die Erfahrungen mit den Eingangszahlen seit 1990 (siehe Anlage 1) zeigen, dass sich die „Wellentäler“ bei ca. 50.000 Verfahren verfestigt haben. Da als Dauerbelastung pro Richter pro Jahr ca. 550 Verfahren bewältigt werden können, werden für die Wellentäler (50.000 Verfahren) 91 Richter/innen benötigt. Das bedeutet, dass sämtliche kw-Vermerke in „echte Planstellen“ umzuwidmen sind.

Für die Bewältigung des Verfahrensanstiegs im Jahr 2009 auf mindestens 61.250 Verfahren werden insgesamt 111 Richterstellen benötigt. Es sind aber nur 90 (81 % Personalausstattung im richterlichen Bereich) vorhanden. Zusätzlich will das Finanzministerium 8 weitere Stellen durch Nichtverlängerung von kw-Vermerken einsparen. Also stehen dann für 61.250 Verfahren nur 82 Richterstellen (72 % Personalausstattung im richterlichen Bereich) zur Verfügung. Hier drängt sich das Bild auf, dass „zur Bekämpfung eines Flächenbrandes 8 von 90 Feuerwehrleuten abgezogen werden, anstatt dringend benötigte weitere 20 Feuerwehrleute (vorübergehend) zur Hilfe zu schicken“.

Die Verfahrensdauer, die im Jahr 2008 bei durchschnittlich 3,1 Monaten lag und im Falle eine Urteils bei 5,6 Monaten, wird sich jeweils verdoppeln. Dies bringt Arbeitgeber und Arbeitnehmer insbesondere bei Bestandsschutzstreitigkeiten (Kündigung von Arbeitsverhältnissen, Befristungen) in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten. Das schadet dem Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist im Arbeitsrecht wirkungsvoller Rechtsschutz in angemessener Zeit angesagt.

Link öffnet neues Fenster Anlage zur PM vom 23.07.2009 (PDF, 5 KB)

      

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