Betriebsratswahl im Betrieb "Zentrale" der Daimler AG vom 10.03.2010 ist unwirksam - Streit über den Status der Angestellten der Führungsebene E 3 als leitende Angestellte - Zuordnungsverfahren

Datum: 02.05.2011

Kurzbeschreibung: 

Die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts hatte sich am Freitag, 29.04.2011, mit der Anfechtung der Wahl des Betriebsrats im Betrieb „Zentrale“ der Daimler AG zu befassen.

Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist es u.a. für  mindestens drei Wahlberechtigte möglich, eine Betriebsratswahl anzufechten, wenn z.B. gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen worden ist und dadurch der Ausgang der Wahl betroffen sein könnte.  Vorliegend haben vier Arbeitnehmer der Daimler AG die am 10.03.2010 durchgeführte Betriebsratswahl im Wesentlichen mit der Begründung angefochten, die von den jeweiligen Wahlvorständen (Betriebsratswahl und Sprecherausschusswahl) einvernehmlich erfolgte Zuordnung der Mitarbeiter der sog. Führungsebene E 3 als leitende Angestellte sei jedenfalls offensichtlich fehlerhaft erfolgt. Bei diesem Personenkreis handelt es sich um 636 Personen – im Januar 2010 waren insgesamt ca. 12.500 Arbeitnehmer beschäftigt -, die kraft dieser Statusbeurteilung nicht an der Betriebsrats-, sondern an der zeitgleich stattgefundenen Wahl der leitenden Angestellten zum Sprecherausschuss als wahlberechtigt angesehen wurden.

Da dieser Personenkreis jeweils weder über eine selbständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis noch über eine Generalvollmacht bzw. Prokura verfügt, konnte der Status als leitender Angestellter gemäß der gesetzlichen Vorgabe des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG nur dann in Betracht kommen, wenn diese Personen jeweils für sich nach Arbeitsvertrag (rechtliche Komponente) und Stellung (faktische Komponente) regelmäßig Aufgaben wahrnehmen, die u.a. für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind. Die Daimler AG ist in ihrem Führungsbereich unterhalb der Vorstandsebene absteigend gegliedert in C-Level, Führungskräfte der Ebene E 1, danach solche in Ebenen E 2, E 3 und E 4.

Der Gesetzgeber stellt für die notwendige und im Einzelfall durchaus schwierige Abgrenzung der zum Betriebsrat und zum Sprecherausschuss wahlberechtigten und wählbaren Arbeitnehmer ein Verfahren den Wahlvorständen zur Verfügung, indem bei den jeweils anstehenden Wahlen nach Maßgabe der gesetzlichen Definition des leitenden Angestellten in einem möglichst einfachen, rasch durchführbaren und kostengünstigen Verfahren für beide Wahlen einheitlich entschieden wird, wer zum Kreis der leitenden Angestellten gehört (Zuordnungsverfahren, § 18a BetrVG). Die danach erfolgte Zuordnung bewirkt, dass die Anfechtung u.a. der Betriebsratswahl insoweit ausgeschlossen ist,  es sei denn, die Zuordnung ist offensichtlich fehlerhaft erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass jedenfalls die vom Wahlvorstand getroffene Zuordnungsentscheidung, die 636 Führungskräfte der Ebene E 3 als leitende Angestellte von der Betriebsratswahl auszuschließen, offensichtlich fehlerhaft erfolgt sei. Eine eigenständige Prüfung sei nicht erfolgt, der Wahlvorstand habe ohne Rücksicht auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine von der Arbeitgeberin elektronisch zur Verfügung gestellte Liste der darin als leitende Angestellte aufgeführten Beschäftigten der Führungsebene E 3 übernommen, die wiederum auf einer Absprache vom 19.12.2001 mit dem damaligen Betriebsrat beruhe.
Die vom Betriebsrat und der Daimler AG hiergegen eingelegten Beschwerden blieben vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Nach Anhörung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung geht die Beschwerdekammer von der Durchführung eines Zuordnungsverfahrens im Sinne des § 18a BetrVG aus, ein Anfechtungsausschluss im Sinne des § 18a Abs. 5 Satz 2 BetrVG ist aber gleichwohl nicht gegeben, weil die Zuordnung der Angestellten der Führungsebene E 3 zur Wahl des Sprecherausschusses durch den Wahlvorstand offensichtlich fehlerhaft erfolgt ist.

Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2011 – 7 TaBV 7/10

       

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